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Donnerstag, den 11. September 2014 um 08:42 Uhr

Wassersparende Pflanzen als Ziel

Ackerpflanzen züchten, die besser mit Trockenheit zurechtkommen und dem Klimawandel trotzen können: Dieses Ziel verfolgen Würzburger Pflanzenforscher. Im Fachblatt „Science Signaling“ beschreiben sie die neuesten Fortschritte ihrer Arbeit.

Kulturpflanzen wie Kartoffeln und Zuckerrüben halten Trockenheit sehr viel schlechter aus als Wildpflanzen. „Das ist ein Ergebnis der Züchtung auf möglichst viel Ertrag“, sagt Pflanzenwissenschaftler Rainer Hedrich von der Universität Würzburg. „Unsere Hochleistungspflanzen haben die natürliche Stresstoleranz ihrer frühen Ahnen eingebüßt, sie sind abhängig geworden von künstlicher Bewässerung und Düngung.“

Wie haben Wildpflanzen im Lauf der Erdgeschichte ihre Trockentoleranz erworben und erhalten? Für diese Frage interessiert sich Hedrichs Team in Kooperation mit finnischen Kollegen aus Tartu und Helsinki. Um die Antwort zu finden, dringen die Forscher tief ins Innere von Pflanzenblättern vor. Dort analysieren sie die molekularen Vorgänge, mit denen Pflanzen den Verlust von Wasser einschränken.

Wie verschiedene Pflanzen mit Trockenheit umgehen

Für Algen und Wasserpflanzen ist Trockenheit noch kein Thema. Nachdem die Pflanzen im Lauf der Evolution aber das Land erobert hatten, waren sie mit längeren Trockenperioden konfrontiert. Um diese Phasen zu überleben, haben frühe Landpflanzen wie Moose und Farne schon vor etwa 480 Millionen Jahren eine Austrocknungstoleranz entwickelt.

Der Schlüssel für diese Fähigkeit ist das Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA): Wenn Pflanzen Wassermangel verspüren, synthetisieren sie dieses Stresshormon und aktivieren damit Gene für spezielle Schutzproteine. Die erlauben es ihnen dann, einen starken Wasserverlust oder sogar ein völliges Austrocknen zu überleben.

Die Blütenpflanzen, die in der Evolution auf Moose und Farne folgten, gehen mit Trockenheit ganz anders um: In ihren Blättern besitzen sie verschließbare Poren, mit deren Hilfe sie einen Wasserverlust sehr stark vermindern können. Die mikroskopisch kleinen Poren sind von je zwei spezialisierten Schließzellen umgeben. Bekommen diese vom Stresshormon ABA Trockenheit signalisiert, senken sie ihren Zelldruck ab und verschließen so die Pore.

Signalkette an Schließzellen ist komplexer als gedacht

Die Signalkette, die vom Hormon ABA bis zum Verschließen der Poren führt, wurde in Hedrichs Team in den vergangenen Jahren im molekularen Detail untersucht. Als zentral erwiesen sich dabei Kanäle, die in den Schließzellen sitzen und auf ein Signal hin Ionen aus diesen Zellen freisetzen. Als Folge davon sinkt der Zelldruck, die Poren in den Blättern gehen zu und die Pflanze verliert weniger Wasser an die Umgebung.

Nun ist der Mechanismus an dieser pflanzlichen Wasserspartaste aber noch komplexer als bislang gedacht, wie Rainer Hedrich und Dietmar Geiger mit weiteren Kollegen im Fachblatt „Science Signaling“ berichten. Denn die Kanäle reagieren nicht nur auf ein bestimmtes Signal, sondern auf mehrere verschiedene Signale.

Chemisch gesehen, handelt es sich bei diesen Signalen um sogenannte Phosphorylierungen. Dabei bekommen die Kanäle (ihr Name: SLAC1) an unterschiedlichen Stellen von unterschiedlichen Enzymen, den Proteinkinasen, Phosphat-Moleküle angeheftet und werden dadurch aktiviert. Eine Kinase namens OST1 spielt dabei die wichtigste Rolle: „Wenn sie in Pflanzen fehlt, reagieren die Schließzellen überhaupt nicht mehr auf das Hormon ABA“, so Geiger.

Ziel: An-Aus-Schalter der Schließzellen verändern

Bei weiteren biophysikalischen Analysen fanden die Würzburger Forscher heraus, an welchen Stellen genau sich die SLAC1-Kanäle an- und ausschalten lassen. Durch das Betätigen dieser Nano-Schalter – es handelt sich dabei um einzelne Aminosäuren im Kanalprotein – aktiviert die Pflanze ihre Kanalproteine und damit ihren Wasserspar-Mechanismus.

Als nächstes wollen die Wissenschaftler diese An-Aus-Schalter experimentell umbauen, um die Aktivität der Kanäle in die gewünschte Richtung schieben zu können. Ihr Fernziel: Nutzpflanzen zu züchten, die besser Wasser sparen können und dadurch auch besser für die fortschreitende Klimaveränderung mit immer längeren Trockenperioden gewappnet sind. Erste Versuche wollen die Forscher mit Kartoffeln und Zuckerrüben angehen.

Molekulare Evolution der Trockentoleranz im Blick

Hedrichs Team ist auch der Evolution der Trockentoleranz auf der Spur: „Wir sind derzeit dabei, SLAC1- und OST1-Verwandte aus Algen, Moosen, Farnen und Blütenpflanzen zu klonieren“, sagt er. Am Ende soll geklärt werden, wann sich in Pflanzen eine Wechselwirkung zwischen den beiden Molekülen gebildet hat und wann Schließzellen die Fähigkeit erworben haben, den Öffnungsgrad der Blattporen über das Hormon ABA zu kontrollieren.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/meldungen/single/artikel/wasserspar/

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (09/2014)


Publikation:
“Site- and kinase-specific phosphorylation-mediated activation of SLAC1, a guard cell anion channel stimulated by abscisic acid” Tobias Maierhofer, Marion Diekmann, Jan Niklas Offenborn, Christof Lind, Hubert Bauer, KenjiHashimoto, Khaled A. S. Al-Rasheid, Sheng Luan, Jörg Kudla, Dietmar Geiger, and RainerHedrich. Science Signaling, 9. September 2014, DOI: 10.1126/scisignal.2005703

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