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Freitag, den 12. April 2013 um 11:07 Uhr

Weniger Blutsauger nach hartem Winter: Ulmer Biologen untersuchen Zecken-Population

Die Gefahr lauert in Wäldern und Wiesen: Zecken können gefährliche Krankheiten von der Borreliose bis zur Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Deshalb sollten Jogger, Radsportler und alle, die sich gerne in der Natur aufhalten, in diesen Tagen über eine FSME-Impfung nachdenken. Welchen Einfluss die Wetterlage und etwa die Waldbewirtschaftung auf die Zecken-Population haben, beschreiben Wissenschaftler um Ralf Lauterbach, Dr. Konstans Wells und Dr. Swen Renner im Fachjournal PLoS ONE.

Demnach müssten Naturfreunde nach diesen kalten Monaten weniger Probleme mit den Blutsaugern haben: „Die Wintertemperatur scheint die Zecken-Population zu beeinflussen. Nach dem milden Winter in 2008 stieg der Bestand auffällig“, erklärt Renner. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Verbreitung der Parasiten sei die Anzahl potentieller Wirte wie Kleinsäuger, was aktuell aber nicht untersucht wurde.

Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb haben die Biologen über drei Jahre (2008-2010) das Vorkommen von Holzbock-Nymphen, also Jungtieren nach dem Larvenstadium, erhoben. Die Schildzeckenart „Gemeiner Holzbock“ (Ixodes ricinus) tritt weltweit auf und ist ein wichtiger Krankheitsüberträger. Ihre Aktivität und Entwicklung werden unter anderem von der Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit („Mikroklima“) bestimmt. Welche Faktoren die Holzbock-Population besonders beeinflussen, haben die Forscher um Renner geprüft: In den Sommermonaten Juni bis August sammelten sie Nymphen mithilfe von Schlepptüchern auf, konservierten die Tiere und zählten sie.

In einem zweiten Schritt haben die Wissenschaftler diese Informationen mit Daten des Deutschen Wetterdiensts abgeglichen – zum Beispiel mit der Durchschnittstemperatur in Winter- und Frühlingsmonaten sowie mit Niederschlagswerten als Indikator für die Luftfeuchtigkeit.
Die untersuchten Waldabschnitte im Biosphärengebiet waren zuvor als Buchenwälder, Buchen-Mischwälder oder Fichtenwälder, nach ihrem Alter und weiteren Merkmalen  klassifiziert worden.

Weniger Zecken in jungen Waldabschnitten
Über 850 Holzbock-Nymphen haben die Forscher also in drei Jahren gesammelt. Ihr Fachartikel birgt überraschende Ergebnisse: Vor allem kalte Winter hatten einen negativen Einfluss auf die Zecken-Population. Anders als erwartet, fanden die Forscher vergleichsweise wenige Nymphen in älteren Waldabschnitten. „Normalerweise begünstigen geschlossene Baumkronen - ein typisches Merkmal für ältere Wälder - das Vorkommen von Zecken. Wir haben aber besonders viele Tiere in jungen Arealen gesammelt“, berichtet Swen Renner. Siedeln dort womöglich mehr Wirte?

Insgesamt sind wohl Längsschnittstudien nötig, um den tatsächlichen Einfluss der Waldbewirtschaftung auf die Holzbock-Population zu verstehen und von Temperatureffekten zu trennen. Weiterführende Untersuchungen, die das komplexe Zusammenspiel in der Natur berücksichtigen, erscheinen sowohl in Bezug auf den Klimawandel als auch auf die künftige Waldbewirtschaftung wünschenswert. Schon jetzt sind die Ergebnisse der Biologen zum Beispiel für Zecken-Verbreitungskarten wertvoll.

Neben Forschern des Ulmer Instituts für Experimentelle Ökologie waren Experten des Biodiversität- und Klimaforschungszentrums (Frankfurt am Main) an dem Fachartikel beteiligt. Eine wichtige Ideengeberin war die inzwischen verstorbene Ulmer Biologie-Professorin Elisabeth Kalko. Im Zuge des Projekts Biodiversitäts-Exploratorien hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Studie unterstützt.


Den Artikel finden Sie  unter:

http://www.uni-ulm.de/home/news-details/article/weniger-blutsauger-nach-hartem-winterbrulmer-biologen-untersuchen-zecken-population.html

Quelle: Universität Ulm (04/2013)


Publikation:
R. Lauterbach, K. Wells, R. O'Hara, E. Kalko, S. Renner (2013) Variable Strength of Forest Stand Attributes and Weather Conditions on the Questing Activity of Ixodes ricinus Ticks over Years in Managed Forests. PLoS ONE 8(1): Opens external link in new windowe55365. doi:10.1371/journal.pone.0055365

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