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Montag, den 10. Dezember 2012 um 06:34 Uhr

Biologen enträtseln das Geheimnis der sekundären Endosymbiose

Es werde Licht: Ein internationales Konsortium unter Marburger Beteiligung hat die Genome von Algen analysiert, deren Zellen die Überbleibsel fremder Arten enthalten, die den Wirtsorganismen die Energiegewinnung durch Photosynthese ermöglichen. Die Wirte haben das Erbgut der Dauergäste nicht vollständig in ihre Zellkerne transferiert, weil die Erbinformation dabei hätte verlorengehen können, vermuten die Wissenschaftler. Sie veröffentlichen ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature", die am Donnerstag, den 6. Dezember 2012 erschienen ist.
„Wir haben erstmals die Kerngenome zweier einzelliger Algen sequenziert, die eine bemerkenswerte genetische und zelluläre Komplexität aufweisen“, schreiben die Autoren, zu denen Professor Dr. Stefan Rensing, Professor Dr. Uwe Maier, Dr. Franziska Hempel, Aikaterini Symeonidi und Dr. Stefan Zauner von der Philipps-Universität gehören. Zellen enthalten eine Reihe so genannter Organellen – zelluläre Reaktionsräume, die lebenswichtige Aufgaben wie Energieumwandlung oder Photosynthese erfüllen. Diese Organellen sind aus ehemals eigenständigen Zellen entstanden, die von den Vorfahren der Wirtsorganismen in grauer Vorzeit integriert wurden.

Meist handelt es sich dabei um umgewandelte Bakterien; nicht so bei manchen Algen: Diese lernten Photosynthese, indem sie andere Pflanzenzellen mitsamt deren bereits bestehenden Organellen übernahmen, den so genannten Chloroplasten. Man spricht von sekundärer Endosymbiose. Indem die Wirte ihre neuen Mitarbeiter weiter beschäftigen, können sie Sonnenlicht nutzen, um Nährstoffe aufzubauen.

Was nicht diesem Zweck dient, geht normalerweise im Laufe der Evolution verloren. In ein paar wenigen Ausnahmefällen enthalten die symbiotischen Organellen jedoch noch stark verkleinerte Zellkerne, die vom Ursprungsorganismus stammen – so bei Cryptophyten und Chlorarachniophyten.

Warum bleibt der Zellkern hier erhalten? Um dies herauszufinden, ermittelte der internationale Forschungsverbund erstmals, welche Sequenzen die vier Kerngenome zweier einschlägiger Arten aufweisen. Das Ergebnis: Die beiden Restkerne enthalten nur einen Bruchteil der Gene, die frei lebende Verwandte aufweisen. Wie die Autoren berichten, weisen viele der verbliebenen Erbanlagen keinerlei Ähnlichkeit zu bekannten Genen auf. Dennoch steuern sie lebenswichtige Prozesse, die in diesen Organellen ablaufen, zum Beispiel die Translation, also die Umsetzung der Erbinformation in Proteine.

Eine größere Anzahl von Genen wanderte offenbar aus den sekundär erworbenen Organellen in den Zellkern des Wirts ein. Das Resultat nennen die Wissenschaftler ein „vielteiliges Mosaik von Genen, deren Herkunft nicht unbedingt etwas darüber aussagt, in welchem Teil der Zelle die Genprodukte ihre Funktion ausüben.“

Uwe Maier ist Mitglied im „LOEWE-Zentrum für synthetische Mikrobiologie“ der Philipps-Universität; er und sein Marburger Team trugen unter anderem dazu bei, Sequenzdaten bereitzustellen, außerdem identifizierten sie kodierte Proteine und ermittelten, wo diese sich befinden. Stefan Rensings Arbeitsgruppe am „BIOSS Centre for Biological Signalling Studies“, dem Exzellenzcluster der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, half bei der Identifikation der Proteine, die in die Organellen importiert werden, analysierte Kontaminationen und Duplikationsereignisse sowie alle Proteine, die an der Regulation der Transkription beteiligt sind.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2012d/1206a

Quelle: Philipps-Universität Marburg (12/2012)


Originalveröffentlichung:
Bruce A. Curtis & al.: Algal genomes reveal evolutionary mosaicism and the fate of nucleomorphs, Nature (6.12.2012), DOI: 10.1038/nature11681

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