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Freitag, den 03. Februar 2012 um 06:28 Uhr

Zoologen beobachten die Wanderung von Nervenzellen

Das Foto, das jüngst das Cover des internationalen Fachmagazins "Journal of Neuroscience" zierte, ist an der Friedrich-Schiller-Universität Jena entstanden: Es zeigt langgestreckte, grün fluoreszierende Zellen, die vor einem nachtschwarzen Hintergrund wandern. Rot markiert ist ein Protein, das für die Wanderung dieser Zellen eine entscheidende Rolle spielt. Wie das Team um Prof. Dr. Jürgen Bolz vom Institut für Allgemeine Zoologie und Tierphysiologie in dem renommierten Journal veröffentlicht hat, ist dieses Protein "Disrupted-in-Schizophrenia 1" (DISC1) für die Entwicklung bestimmter Nervenzellen im embryonalen Gehirn essentiell (DOI: 10.1523/JNEUROSCI.5036-11.2012).

"Wir haben die Wanderung sogenannter Interneurone während der Embryonalentwicklung untersucht", erläutert Christin Gampe. Die Doktorandin an Prof. Bolz' Lehrstuhl ist eine der beiden Erstautoren der aktuellen Publikation. Interneurone stellen rund ein Fünftel der Nervenzellen der Hirnrinde dar. Anders als die Mehrheit der Pyramidenzellen, die über lange Zellfortsätze Impulse vom Gehirn in den gesamten Körper übertragen, hemmen die Interneurone deren Signale und kontrollieren und synchronisieren so innerhalb des Gehirns die Reizübertragung.

In der publizierten Arbeit sind die Jenaer Wissenschaftler der Rolle des Proteins DISC1 für die Entwicklung der Interneurone nachgegangen. "Sowohl Pyramidenzellen als auch Interneurone entstehen nicht an dem Platz, den sie später im Gehirn einnehmen, sondern müssen erst im Laufe ihrer Entwicklung dorthin wandern", erklärt Doktorand André Steinecke, der ebenfalls Erstautor der Studie ist. Während die Pyramidenzellen dabei nur einen relativ kurzen Weg entlang vorgegebener Leitschienen zurücklegen, müssen sich die Interneurone ihren weiteren und komplexeren Weg selbst suchen.

Mikrofotografie auf dem Cover des "Journal of Neuroscience"

Dabei ist das DISC1-Protein von entscheidender Bedeutung, wie die Forscher der Uni Jena nun nachgewiesen haben. Dafür haben sie das Protein in Mausembryonen gezielt reduziert und dabei die Zellen fluoreszenzmarkiert. Die Folge: Die Interneurone in diesen Embryonen zeigen eine veränderte Form und wandern weniger weit als unter normalen Bedingungen. Für diese Untersuchungen haben Christin Gampe und André Steinecke die Zellen unter dem Fluoreszenzmikroskop bei ihrer Wanderung beobachtet. Dabei ist auch die Aufnahme entstanden, die es jetzt auf das Cover des "Journal of Neuroscience" geschafft hat.

"Als nächstes wollen wir die physiologischen Folgen untersuchen, die ein Ausschalten des DISC1-Proteins für die Mäuse hat", kündigt Prof. Bolz ein weiterführendes Forschungsprojekt an. Zwar sei bekannt, dass ein Defekt des DISC1-Gens häufig mit Erkrankungen wie Schizophrenie oder Autismus einhergeht. "Ob die verzögerte Entwicklung der Interneurone aber tatsächlich ursächlich damit zusammenhängt, ist noch offen und die Hoffnung auf neue Therapieansätze für Patienten, die sich aus unserer Forschung ergeben, liegt noch in weiter Ferne", so Bolz.

In Kürze werden die Jenaer Wissenschaftler Besuch von einem Filmteam aus den USA erhalten: Angeregt durch die aktuelle Veröffentlichung und das Titelbild soll jetzt ein Beitrag über die speziellen Techniken, die Prof. Bolz und seine Gruppe bei der Untersuchung der Neuronen verwenden, im "e-Journal of Visualized Experiments" erscheinen.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM120201_Bolz.html

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft (01/2012)


Original-Publikation:
André Steinecke, Christin Gampe, Christina Valkova, Christoph Kaether, and Jürgen Bolz. Disrupted-in-Schizophrenia 1 (DISC1) Is Necessary for the Correct Migration of Cortical Interneurons, The Journal of Neuroscience 2012, 32(2): 738-745; DOI: 10.1523/JNEUROSCI.5036-11.2012

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