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Mittwoch, den 21. September 2011 um 08:10 Uhr

Der Sternentstehung im Carina-Nebel auf der Spur

Sterne entstehen nicht einzeln, sondern in Sternhaufen oder sogenannten Assoziationen. Bereits bestehende massereiche Sterne spielen bei diesem Prozess eine bislang nicht eindeutig geklärte Rolle. Ein Forscherteam um den Astronomen Professor Thomas Preibisch von der Ludwig-Maximilians-Univeristät (LMU) München und seine Arbeitsgruppe „Junge Sterne und Sternentstehung“ wollen die Wechselwirkung zwischen diesen heißen Sternen und den Gas- und Staubwolken, aus denen neue Sterne entstehen können, entschlüsseln. Dazu haben sie nun an der Universitäts-Sternwarte den Carina-Nebel in einem breiten Spektrum von Wellenlängen, darunter auch im Röntgenbereich sowie im nahen und fernen Infrarotbereich, untersucht. „Dieser Nebel kann uns detaillierte Informationen über die Entstehung von Sternen liefern, weil er eine besonders hohe Konzentration massereicher Sterne enthält“, sagt Preibisch. „In dieser Studie haben wir mehr als 14.000 junge Sterne im Carina-Nebel nachgewiesen und charakterisiert. Wir werden als nächstes nun die Struktur der Gas- und Staubwolken untersuchen, aus denen das Material für die neuen Sterne stammt.“ Das Projekt wurde im Rahmen des Exzellenzclusters „Origin and Structure of the Universe“ durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einer Sonderausgabe der Zeitschrift Astrophysical Journal Supplements veröffentlicht und in der Zeitschrift Nature vorgestellt.

Sterne sind keine Einzelgänger. Sie entstehen in Sternhaufen oder Assoziationen, die mehr als 100.000 Sterne enthalten können. Je größer die Zahl der Sterne in einer solchen Region der Sternentstehung ist, desto massereichere Sterne befinden sich darin. „Die Leuchtkraft und vor allem der Fluss der UV-Strahlung eines Sterns nehmen mit dessen Masse stark zu“, sagt Professor Thomas Preibisch von der LMU. „Deshalb wird die Wechselwirkung der neu entstandenen Sterne mit den sie umgebenden Gas- und Staubwolken – aus denen die jungen Sterne entstanden sind – von den massereichsten Sternen dominiert.“

7.500 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt der außerordentlich helle Carina-Nebel im Sternbild „Kiel des Schiffes“ am Südhimmel. Er enthält eine außerordentlich hohe Zahl von sehr massereichen Sternen – mit jeweils mehr als 50 Sonnenmassen. Die im Vergleich zu unserer Sonne um mehrere Millionen Mal stärkere UV-Strahlung und Winde dieser Giganten können nahegelegene Staub- und Gaswolken in kurzer Zeit zerstören – oder in ihnen die Bildung von Sternen anregen. Denn Wolken mit einem Mindestabstand von einigen Lichtjahren werden durch den Druck der UV-Strahlung und die aufprallenden Sternwinde komprimiert und verdichtet, was Sternentstehungsprozesse induziert.

„Welcher dieser beiden Effekte überwiegt, wird derzeit heiß in der astronomischen Forschung diskutiert“, sagt Preibisch. „Der Carina-Nebel scheint ideal geeignet, darauf einige Antworten zu liefern, weil wir hier das sogenannte Feedback der massereichen Sterne auf die umgebenden Wolken detailliert untersuchen können.“ Ganz so einfach geben die jungen Sterne ihre Geheimnisse aber nicht preis: In optischen Bildern des Carina-Nebels sind sie nur schwer zu finden, weil sie meist von dunklen Staubwolken verdeckt oder von der starken Wasserstoffstrahlung des Nebels überstrahlt werden.

Das Team um Preibisch orientierte sich deshalb an der Röntgenstrahlung, die von den Sternen ausgestrahlt werden: Im Rahmen des „Chandra Carina Complex Project“ untersuchten sie zusammen mit europäischen und US-amerikanischen Kollegen um Leisa Townsley, Pennsylvania State University, den Nebel mithilfe des NASA-Röntgensatelliten Chandra im Detail. „Wir erhielten – bei einer Belichtungszeit von 17 Tagen – ein Röntgenbild, auf dem wir 14.368 Röntgenquellen nachweisen konnten“, so Preibisch. Infrarot-Bilder, die das Team am „8m Very Large Telescope“ der Europäischen Südsternwarte in Chile aufgenommen hat, erlaubten dann noch die genaue Charakterisierung der Jungstern-Population.

Im weiteren Verlauf des Projekts steht nun die umfassende Untersuchung der Wolkenstruktur im Vordergrund. Beobachtungszeit mit dem Infrarot-Satelliten Herschel der Europäischen Raumfahrtagentur ESA soll dem Team um Preibisch entsprechend großräumige Bilder des Carina-Nebels liefern. „Anhand dieser Aufnahmen und weiterer Daten aus anderen Spektralbereichen wollen wir ein umfassendes Bild der Struktur und der physikalischen Prozesse in den Wolken der Carina-Sternentstehungsregion gewinnen“, sagt der Astronom. „Unser besonderes Interesse gilt der Wechselwirkung zwischen jungen massereichen Sternen und den umgebenden Wolken.“


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-muenchen.de/einrichtungen/zuv/uebersicht/komm_presse/verteiler/presseinformationen/2011/f-661-11.html

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (09/2011)


Publikation:
Near-Infrared Properties of the X-Ray-Emitting Young Stellar Objects in the Carina Nebula
Thomas Preibisch et.al.
The Astrophysical Journal, Supplement Series, Mai 2011
http://dx.doi.org/10.1088/0067-0049/194/1/10
Astronomy: A census of the Carina Complex’
Theodore R. Gull
Nature online, Juli 2011
http://www.nature.com/nature/journal/v475/n7357/full/475460a.html
An Introduction to the Chandra Carina Complex Project
Leisa K. Townsley et.al.
The Astrophysical Journal, Supplement Series, Mai 2011
http://dx.doi.org/10.1088/0067-0049/194/1/1
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Und ich lächelte, war froh und es kam schlimmer

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