Volltextsuche

Top Suchbegriffe



Donnerstag, den 15. September 2011 um 15:35 Uhr

Künstliche Feuchtgebiete können Pestizideinträge in Oberflächengewässern vollständig reduzieren

Wie können Chemikalien, die in der Landwirtschaft zur Krankheits- und Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, dem Kreislauf frühzeitig entzogen werden, um unerwünschte Umweltauswirkungen möglichst gering zu halten oder gar zu vermeiden? Dieser Frage sind Umweltwissenschaftler der Universität Koblenz-Landau nachgegangen. Das Ergebnis: Zwischen 70 und 100 Prozent der Pestizideinträge, die zum Beispiel durch Regen in Oberflächengewässer gespült werden, können durch so genannte künstliche Feuchtgebiete wie bepflanzte Regenrückhaltebecken oder Bäche aufgefangen und abgebaut werden. Die komplette Studie ist nachzulesen im Fachmagazin „Journal of Environmental Quality“.

„Künstliche Feuchtgebiete funktionieren wie natürliche KIäranlagen“, erläutert Sebastian Stehle vom Institut für Umweltwissenschaften und Leiter der Studie. „Und das mit dem Vorteil, dass sie leicht umsetzbar und kostengünstig sind.“ Obwohl künstliche Feuchtgebiete bereits als gängige „Best Management Practice“ weltweit eingesetzt werden, um Pestizide der Umwelt zu entziehen, wusste die Wissenschaft bislang nur wenig darüber, welche Mengen an Pestizideinträgen damit tatsächlich abgebaut werden können und welches die wirkungsvollsten Designs für solche Systeme sind, so Stehle weiter.

Diesen offenen Fragen gingen die Landauer Wissenschaftler mit Kooperationspartnern aus Frankreich nach, indem sie zunächst alle wissenschaftliche Veröffentlichungen über künstliche Feuchtgebiete analysierten und die jeweiligen Pestizidkonzentrationen auflisteten, bevor und nachdem das belastete Wasser durch die künstlichen Feuchtgebiete geleitet worden war. Daneben sammelten sie Daten über die physikalisch-chemischen Eigenschaften bestimmter Pestizide und die Beschaffenheit der jeweiligen Feuchtgebiete wie Ausmaß, Tiefe, Pflanzendichte und Wasserfließgeschwindigkeit.

Diese Daten kombinierten die Wissenschaftler mit Ergebnissen aus dem von der EU geförderten vierjährigen Projekt „ArtWET“, in dem sie die Schadstoffreduzierung in fünf Prototypen künstlicher Feuchtgebiete in Frankreich und Deutschland untersuchten. Ziel von ArtWET: Herauszufinden, wie die Hauptmechanismen solcher Becken, also Sorption der Pestizide an der Pflanzenoberfläche, der Abbau und die Verringerung der Wasserfließgeschwindigkeit durch die Vegetation, optimiert werden können.

Das Ergebnis dieser Meta-Analyse: Je nach Pflanzendichte, Löslichkeit der Pflanzenschutzmittel und Durchflussgeschwindigkeit können künstliche Feuchtgebiete eine Reinigungsleistung von bis zu 100 Prozent erzielen. „Diese Leistung ist überwältigend“, so Sebastian Stehle. „Denn in über 50 Prozent der Fälle lag die Schadstoffbelastung der Gewässer oberhalb der Reinigungsbecken deutlich über dem zugelassenen Grenzwert“. Voraussetzung für eine Verringerung der Pestizidbelastung von Oberflächengewässern ist allerdings, dass die künstlichen Feuchtgebiete so nah wie möglich an den Flächen eingerichtet werden, auf denen Pestizide ausgebracht werden.

Die effektive Reinigungsleistung solcher künstlicher Feuchtgebiete ist noch aus einem weiteren Grund spannend: Durch die Erderwärmung wird wohl der Insektenbefall zunehmen, was einen erhöhten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit sich führen dürfte, so die Einschätzung der Wissenschaftler. Managementmaßnahmen zur Reduzierung der Pestizideinträge in der Umwelt sind daher notwendig. Auf Basis der Studienergebnisse werden nun europaweit implementierbare Maßnahmen bereitgestellt.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-koblenz-landau.de/landau/aktuelles/archiv-2011/artwet/view

Quelle: Universität Koblenz-Landau (09/2011)


Die Studie:
Sebastian Stehle, David Elsaesser, Caroline Gregoire, Gwenaël Imfeld, Engelbert Niehaus, Elodie Passeport, Sylvain Payraudeau, Ralf B. Schäfer, Julien Tournebize, Ralf Schulz: „Pesticide Risk Mitigation by Vegetated Treatment Systems: A Meta-Analysis." Journal of Environmental Quality, DOI 10.2134/jeq2010.0510, Vol. 40 No. 4, p. 1068-1080

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.