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Donnerstag, den 25. August 2011 um 05:15 Uhr

Konstruktionshilfe für Biomoleküle

Medizinische Wirkstoffe könnten sich künftig gezielter herstellen lassen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr und der Universität Marburg haben das Hormon Testosteron an zwei chemisch inaktiven Stellen für weitere Syntheseschritte zugänglich gemacht, indem sie das Molekül dort oxidierten. Welche der beiden Stellen mit welcher räumlichen Orientierung angegriffen wurde – Chemiker sprechen von der Regio- und Stereoselektivität –, steuerten die Forscher mit zwei verschiedenen Formen eines P450-Enzyms. Dieses hatten sie mit einer eigens entwickelten Methode der gelenkten Evolution entsprechend modifiziert. Damit wird es erstmals möglich, komplexe Moleküle dieser Art präzise auszubauen, was vor allem für pharmazeutische Anwendungen interessant sein könnte.

Chemie und Modellbau stehen manchmal vor ganz ähnlichen Herausforderungen. Ein Modellflugzeug, an dem die Flügel zu weit hinten oder vorne sitzen, wird kaum fliegen. Genauso wenig wie ein Flieger, bei dem Ober- und Unterseite der Tragflächen vertauscht sind. So ähnlich verhält es sich auch mit vielen chemischen Verbindungen, vor allem mit solchen, die als Arzneimittel dienen sollen: Ob und wie diese Moleküle im Körper wirken, hängt nicht nur davon ab, dass sie alle nötigen Komponenten enthalten, die Bestandteile müssen auch an den richtigen Stellen sitzen und richtig orientiert sein. Daher ist es etwa bei pharmazeutischen Wirkstoffen wichtig, von mehreren möglichen Reaktionsprodukten gezielt das gewünschte herzustellen.

Den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung und der Universität Marburg ist es gelungen, mit entsprechend getrimmten Enzymen eine Hydroxidgruppe an einer bestimmten Stelle des Steroid-Hormons Testosteron anzubringen, und zwar wahlweise ausschließlich mit einer von zwei möglichen Orientierungen. Hydroxidgruppen können als Anknüpfungspunkte dienen, um solche Steroid-Moleküle, die in zahlreichen physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle spielen, für pharmazeutische Anwendungen weiter auszubauen. Sie wirken also etwa wie die entsprechende Aussparung am Rumpf eines Modellbauflugzeuges, um eine Tragfläche anzubringen.

„Damit haben wir zum ersten Mal eine oxidative C-H-Aktivierung an komplexen organischen Verbindungen wie Steroiden sowohl regio- als auch stereoselektiv katalysiert“, sagt Manfred Reetz, Direktor am Max-Planck-Institut in Mülheim an der Ruhr. Regioselektiv heißt eine Reaktion, wenn der chemische Umbau an einer ausgewählten Stelle des Moleküls stattfindet. Die Stereoselektivität bezeichnet die richtige Orientierung eines molekularen Anbaus. Das heißt im Falle von Testosteron, das man sich zumindest teilweise als flache Struktur vorstellen kann: Die Hydroxidgruppe landet bei der Reaktion nur oberhalb oder unterhalb der Fläche.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.mpg.de/4399823/regioselektiv_stereoselektiv_enzym_saettigunsmutagenese?filter_order=L

Quelle: Max-Planck-Institut für Kohlenforschung (08/2011)

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