Der epigenetische Zustand des Chromatins, die Genaktivität und die Position der Gene auf dem Chromosom stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Ein Forscherteam des IPK Leibniz-Instituts und des Karlsruher Instituts für Technologie hat untersucht, ob die Position der Chromosomen auch die epigenetische Stabilität und die Genexpression beeinflusst. Dazu verwendete das Team die CRISPR/Cas-Technologie, um gezielte Veränderungen an den Chromosomen vorzunehmen.
Der Umbau von Chromosomen, wie z.B. die Umkehrung bestimmter Abschnitte, kann sowohl die epigenetische Umgebung als auch die Genexpression beeinflussen. Solche Inversionen wurden bereits in Nutzpflanzen wie Reis, Mais und Gerste identifiziert. Bisher konnten jedoch nur natürliche Chromosomenumbauten analysiert werden, die im Laufe der Evolution entstanden sind. Mit der CRISPR/Cas-Technologie eröffnen sich nun neue Möglichkeiten: Vordefinierte Umbauten können induziert und ihre genetischen sowie epigenetischen Auswirkungen direkt nach ihrer Entstehung untersucht werden.
Um die Effekte von Chromosomen-Inversionen auf den epigenetischen Zustand des Chromatins und die Genaktivität zu erforschen, nutzte das Forscherteam CRISPR/Cas-gestütztes "Chromosomen-Engineering". In der Modelpflanze Arabidopsis thaliana wurden verschiedene Inversionen erzeugt, deren epigenetischer Zustand anschließend mit dem von Wildtyp-Pflanzen verglichen wurde. Zudem wurden die Auswirkungen dieser chromosomalen Umbauten auf die Genaktivität analysiert.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich - abgesehen von einigen geringfügigen genomweiten Effekten - weder die untersuchten invertierten Chromosomabschnitte noch die angrenzenden Regionen in ihrer epigenetischen Markierung und Genexpression verändert haben", erklärt die Erstautorin der Studie Dr. Solmaz Khosravi. Die Genexpressionsanalyse zeigte, dass genomweit nur 0,5 bis 1 Prozent der Gene nach der Induktion der Inversionen unterschiedlich exprimiert wurden. "Diese Ergebnisse zeigen die Robustheit des Epigenoms und Transkriptoms nach einer CRISPR/Cas-induzierten chromosomalen Umstrukturierungen, in den nachfolgenden Generationen", erklärt Prof. Dr. Andreas Houben, Leiter der IPK-Arbeitsgruppe "Chromosomenstruktur und -funktion". "Unsere Studie ist die erste in der Pflanzenforschung, die zeigt, wie sich solche strukturellen Veränderungen auf den epigenetischen Zustand des Chromatins in den Folgegenerationen nach einer Inversion auswirken."
"Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, gezielt Inversionen in Pflanzen zu erzeugen, ohne dass es zu weiteren ungewollten Veränderungen bei der Expression der Erbinformation kommt", erläutert Prof. Dr. Holger Puchta. "Dies ist von großer Bedeutung für zukünftige Anwendungen des 'Chromosome Engineering‘, auch in der Pflanzenzüchtung".
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https://www.ipk-gatersleben.de/fileadmin/content-presse/Pressemitteilungen/2025_PM_02_Inversion_dt_final.pdf
Quelle: Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (01/2025)
Publikation:
Khosravi et al. (2024): Epigenetic state and gene expression remain stable after CRISPR/Cas-mediated chromosomal inversions. New Phytologist. DOI: 10.1111/nph.20403
Dienstag, den 04. Februar 2025 um 05:48 Uhr