Freitag, den 10. Januar 2025 um 05:00 Uhr

Künstler und Pilzexpertin beschreiben die Biolumineszenz eines Pilzes

Zwei Künstler haben die Biolumineszenz eines Pilzes entdeckt. Gemeinsam mit der Pilzexpertin der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL Renate Heinzelmann beschreiben sie das Phänomen. Obwohl viele bei leuchtenden Pilzen an tropische Regionen denken, gibt es auch in der Schweiz solche Arten. Die Künstler sammelten Proben des Pilzes, den sie zunächst für Mycena haematopus hielten, entdeckten jedoch später, dass es sich um Mycena crocata handelt, den Gelbmilchenden Helmling, der bisher nicht als biolumineszent beschrieben wurde.

Bei leuchtenden Pilzen denkt man häufig an tropische Regionen, doch auch in der Schweiz sind sie anzutreffen. Die Zürcher Künstler Heidy Baggenstos und Andreas Rudolf beschäftigen sich seit über zehn Jahren mit biolumineszenten Organismen. "Wir möchten zeigen, dass diese biolumineszenten Pilze in den Wäldern der Schweiz vorkommen und dass wir nicht weit reisen müssen, um sie zu entdecken", erklärt Baggenstos. Während eines Abendspaziergangs im Wald von Zürich-Albisrieden, bemerkten sie durch ihre Kamera ein grünes Licht. Manchmal ist die Biolumineszenz der Pilze so schwach, dass sie mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar ist. "Heutzutage verwenden wir meistens unsere Handys oder eine Taschenlampe, aber um Biolumineszenz im Wald zu sehen, muss es stockdunkel sein", sagt Rudolf. Die Künstler sammelten einige Proben des leuchtenden Exemplars, da sie zunächst dachten, es handele sich um Mycena haematopus, eine bekannte biolumineszente Art. Als sie jedoch zurück in ihrem gut beleuchteten Atelier waren, stellten sie fest, dass es sich um eine andere Art handelte: Mycena crocata, den Gelbmilchenden Helmling, der für seine safranfarbene Milch bekannt ist und wurde bisher nicht als biolumineszent beschrieben.

Über Disziplinen hinweg

Zusammen mit der Pilzexpertin untersuchten die Künstler ihre neue Entdeckung genauer. Sie maßen die Lichtemission verschiedener Teile des Pilzes mithilfe von Langzeitbelichtungsfotos und einem Luminometer, das schwächeres Licht besser verstärkt als eine Kamera. "Die meisten Experimente führten die Künstler selbst durch. Sie sammelten die Proben, machten Fotos und führten die Lichtmessungen durch", erklärt Heinzelmann. Biolumineszenz ist ein chemischer Prozess, bei dem lebende Organismen Licht erzeugen, wobei Pilze einen eigenen Mechanismus entwickelt haben. Der Schlüssel dazu ist die Umwandlung von Luciferin durch das Enzym Luciferase in ein instabiles Produkt, das beim Zerfall Energie in Form von Licht freisetzt. Im Gegensatz zur Fluoreszenz benötigt dieser Prozess keine externe Lichtquelle. Die Messungen zeigten, dass der Fruchtkörper von M. crocata (siehe Kasten) nur an der Stielbasis leuchtet, während das Myzel die stärkste Biolumineszenz aufwies. Das Myzel ist das unterirdische Geflecht eines Pilzes und ähnelt den Wurzeln von Pflanzen. Daher kann auch das verrottende Holz, auf dem M. crocata wächst, beim Zersetzen ein grünes Leuchten abgeben, das bis zu 4 Stunden anhält, bis das Holz austrocknet. Als Baggenstos und Rudolf reine Myzelkulturen unter optimalen Bedingungen züchteten, leuchteten diese bis zu 164 Tage lang.

Warum leuchten?

Heinzelmanns genetische Analysen bestätigten die Art und die Anwesenheit von Genen, die mit Biolumineszenz in Verbindung stehen und in allen leuchtenden Pilzen der Gattung Mycena, den Helmlingen, vorkommen. „Es werden ständig neue biolumineszente Arten entdeckt“, sagt Heinzelmann. „Die Biolumineszenz ist noch wenig erforscht, und je mehr Menschen forschen, desto mehr werden sie finden.“ Seit Aristoteles' erster Beobachtung vor über zweitausend Jahren üben biolumineszierende Pilze eine große Faszination aus. Er beschrieb sie als „kaltes Feuer“, das aus verrottendem Holz austritt. Das Rätsel um dieses Phänomen bleibt jedoch bestehen. Obwohl der biologische Mechanismus mittlerweile bekannt ist, ist seine ökologische Funktion unklar. Während einige leuchtende Pilze Insekten anlocken könnten, um ihre Sporen zu verbreiten, passt die Biolumineszenz des versteckten Myzels nicht zu dieser Theorie. „Es scheint, dass die Biolumineszenz über lange Zeiträume erhalten geblieben ist, also nehmen wir an, dass sie eine Funktion hat“, sagt Heinzelmann, „aber sie ist immer noch ein Rätsel.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.wsl.ch/de/news/leuchtende-pilze-eine-faszination-fuer-kuenstler-und-wissenschaftler-gleichermassen/

Quelle: Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL (01/2025)


Publikation:
Heinzelmann R., Baggenstos H., Rudolf A. (2024) Is the bioluminescence in many Mycena species overlooked? - A case study from M. crocata in Switzerland. Mycoscience. 65(4), 173-179. https://doi.org/10.47371/mycosci.2024.03.001 Institutional Repository DORA

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