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Montag, den 27. November 2017 um 07:22 Uhr

Die Funktion chemischer Vielfalt in der Natur

Jährlich vergibt das Pharmaunternehmen medac mit Hauptsitz in Wedel den medac-Forschungspreis an junge Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI). Ausgezeichnet werden interdisziplinäre Forschungsarbeiten, die in der Fachwelt besonderes Aufsehen erregt haben. In diesem Jahr wurden gleich drei herausragende Publikationen gewürdigt.

Universitätsprofessor und Abteilungsleiter am HKI Christian Hertweck untersuchte mit seinem Team die Biosynthese des Antibiotikums Xiamycin, um daraus Hinweise für die Entstehung der chemischen Vielfalt in der Natur zu erhalten. Sie entdeckten dabei ein sehr ungewöhnliches Enzym – eine Indoloxygenase – die auch für die biotechnologische Produktion der Farbstoffe Indigo und Indirubin verwendet werden kann. Das Enzym ist eng verwandt mit anderen Enzymen, die zur Entgiftung von Fremdstoffen in der Natur eingesetzt werden. Die in Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse zeigen deshalb, wie ein bestimmter Reaktionsmechanismus im Laufe der Evolution für völlig verschiedene Zwecke – in diesem Fall zur Stoffbildung statt zur -zersetzung – zum Einsatz kommt.

Tuberkulose ist nach wie vor die gefährlichste durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit. Jährlich sterben weltweit mehr als 1,5 Millionen Menschen daran. Resistente Tuberkulose-Erreger, gegen die keines der verfügbaren Antibiotika mehr wirksam ist, sind global auf dem Vormarsch. Das Team um den Chemiker Florian Kloß, Leiter der Transfergruppe Antiinfektiva am HKI, widmet sich deshalb der Suche nach neuen antibiotischen Wirkstoffen, die diese Resistenzen umgehen. Zusätzlich koordiniert die Gruppe die Entwicklung neuer Medikamente auf Basis der vielversprechenden Substanzen. Bei Ihren Forschungsarbeiten entdeckten die Wissenschaftler um Kloß erstmals sogenannte Meisenheimer-Komplexe in der Natur. Das sind instabile chemische Verbindungen, die bislang nur aus dem Labor bekannt waren. Diese Moleküle könnten die Grundlage für eine neue Generation von Tuberkulose-Antibiotika bilden. Die Fachzeitschrift Angewandte Chemie International Edition veröffentlichte die bahnbrechenden, inzwischen patentierten Ergebnisse und würdigte sie zusätzlich mit einer Cover-Illustration. Kloß‘ Forscherteam wird durch das BMBF im Rahmen des Projektkonsortiums InfectControl 2020 gefördert.

Die Verteidigung von Pilzen gegen Larvenfraß – Pilzsammlern leidlich bekannt – war das Thema einer Kooperation zwischen dem Team von Dirk Hoffmeister vom Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und zwei Forschergruppen des HKI. Die Wissenschaftler fanden erstmals in der Gruppe der Ständerpilze ein Enzym, das für die Verschiebung von Doppelbindungen in der Substanzfamilie der Polyketide verantwortlich ist. Die Ständerpilze bilden diese chemische Waffe besonders dann, wenn das Pilzmycel beispielsweise durch Tierfraß geschädigt wird. Die dabei entstandenen Polyene sind schädlich für Insektenlarven und dienen damit der chemischen Verteidigung der Pilze gegen ihre Fraßfeinde. Die in der Zeitschrift Angewandte Chemie International Edition publizierte Arbeit liefert auf diese Weise wertvolle Hinweise zur Kommunikation zwischen unterschiedlichen Organismen in der Natur.


Den Artikel finden Sie unter:

https://idw-online.de/de/news685164

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. / Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI) (11/2017)


Publikation:
Kugel S, Baunach M, Baer P, Ishida-Ito M, Sundaram S, Xu Z, Groll M, Hertweck C (2017)
Cryptic indole hydroxylation by a non-canonical terpenoid cyclase parallels bacterial xenobiotic detoxification.
Nature Communications 8, 15804.

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