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Freitag, den 06. Oktober 2017 um 07:53 Uhr

Quantensimulator: erster funktionierender Baustein

Wirbelstürme, Verkehrsstaus, die demographische Entwicklung; will man die Wirkung solcher Ereignisse vorhersagen, leisten Computersimulationen wichtige Dienste. Viele Prozesse in der Natur sind allerdings so kompliziert, dass herkömmliche Computer bei der Berechnung versagen. Hier setzen Forscher große Hoffnungen in Quantensimulatoren. Eines der grundlegendsten Naturphänomene ist die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie bei der Fotosynthese. Physiker am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun einen großen Schritt zum quantenmechanischen Verständnis des Pflanzenstoffwechsels getan. Das berichten sie im Journal Nature Communications.

„Ein Quantensimulator ist eine Vorstufe des Quantencomputers. Im Gegensatz zu diesem ist er nicht in der Lage, beliebige Berechnungen durchzuführen, sondern ist für die Lösung eines bestimmten Problems konzipiert“, sagt Jochen Braumüller vom Physikalischen Institut des KIT. Da sich die hohe Wirksamkeit des Prozesses der Stoff- und Energieumwandlung, den die Pflanzen mithilfe des Lichts vollziehen, mit klassischen physikalischen Theorien nicht vollständig verstehen lässt, ziehen Forscher wie Braumüller dafür das Quanten-modell heran. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Instituts für Theoretische Festkörperphysik (TFP) hat er erstmals im Experiment gezeigt, dass Quantensimulationen der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie als Basis der Fotosynthese und damit der Grund-lage unseres Lebens funktionieren.

Die Wechselwirkung zwischen Licht und Stoff bei der Fotosynthese – wenn zum Beispiel Sonnenlicht auf ein Blatt trifft – lässt sich auf mikroskopischer Ebene als Interaktion der Photonen des Lichts mit den Atomen der Materie beschreiben. Die hohe Effizienz dieses Mechanismus von fast 100 Prozent legt nahe, dass dieser den Regeln der Quantenphysik unterliegt, was sich mit klassischen Compu-tern und einfachen Bits nur schwer simulieren lässt. Denn dabei wird eine Information durch einen Schalter repräsentiert, der Informatio-nen als 0 oder 1 speichern kann. Quantenbits hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie während der Simulation die Zustände 0 und 1 den quantenphysikalischen Regeln folgend gleichzeitig an-nehmen können. Folglich könnten Quantencomputer oder auch die einfacheren Quantensimulatoren das vorliegende Problem schneller und effizienter lösen.

Braumüller und seine Mitautoren haben jetzt einen der ersten funkti-onierenden Bausteine für einen Quantensimulator der Licht-Materie Wechselwirkung entwickelt: Dabei repräsentieren supraleitende Schaltkreise als Quantenbits die Atome, mithin die Materie, und elektromagnetische Resonatoren die Photonen, also das Licht. Die Physiker konnten damit einen Effekt herbeiführen, bei dem sowohl das Quantenbit als auch der Resonator sich gleichzeitig in zwei ge-gensätzlichen Zuständen befanden. „Qubit und Resonator sind da-bei verschränkt“, sagt Michael Marthaler vom TFP des KIT. „Das ist auch der Grund für die exponentiell verbesserte Rechenleistung, gegenüber klassischen Rechnern.“ Mit der Erfüllung dieses Grund-prinzips der Quantenmechanik habe man nun die Machbarkeit ana-loger Quantensimulation mit supraleitenden Schaltkreisen gezeigt, so die Forscher.

Als nächsten Schritt wollen sie ihr System um viele weitere Baustei-ne erweitern. "Eine klassische Simulation dieses erweiterten Systems würde länger dauern als das Alter des Universums“, sagt Martin Weides, seit 2015 Gruppenleiter am Physikalischen Institut des KIT. Gelingt die geplante quantenmechanische Simulation, wäre dies „ein Meilenstein auf dem Weg zum universellen Quantencomputer.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/presseinfo/Praeziserer-Blick-auf-die-Entstehung-von-Krankheiten/

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (10/2017)

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