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Donnerstag, den 18. Mai 2017 um 10:12 Uhr

Archaeelles "Gen-kopieren" ist komplexer als gedacht

Für mehrere Jahrzehnte bildete die Einteilung aller lebenden Organismen in die drei Domänen „Eukarya“ (z. B. Mensch), „Bacteria“ (z. B. „Escherichia coli“) und „Archaea“( z. B. der Organismus „Methanocaldococcus jannaschii“) die allgemein anerkannte Grundlage zum Verständnis der frühen Evolution des Lebens. Die Aufteilung in diese drei Gruppen erfolgte bereits zu einem sehr frühen Stadium nach der Entstehung des Lebens. Neueste Untersuchungen legen nun nahe, dass die erste eukaryotische Zelle aus einer urzeitlichen archaeellen Zelle entstanden sein könnte, die mit einer bakteriellen Zelle fusionierte. Dies würde Archaeen auf zellulärer Ebene zu direkten Vorfahren von uns Menschen machen.

Archaeen ähneln in ihrem Aussehen und der Lebensweise auf den ersten Blick eher Bakterien, sind jedoch in ihren molekularen Eigenschaften höheren Organismen viel ähnlicher. Dies gilt insbesondere auch für ihre zelluläre „Kopiermaschine“, die die in der DNA gespeicherte genetische Information ausliest und in RNA-Moleküle umschreibt, ein als Transkription bezeichneter molekularer Prozess. Die so synthetisierten RNA-Moleküle dienen unter anderem als Baupläne für Enzyme. Dieses „Gen-Kopieren“ erfolgt über eine molekulare Maschinerie, die RNA-Polymerase, die hierbei von verschiedenen Transkriptionsfaktoren unterstützt wird. Die grundlegende Zusammensetzung der „Kopiermaschine“ ist sowohl bei den Archaea als auch Eukarya ähnlich aufgebaut und überschneidet sich in Teilen auch mit der der Bakterien. Deshalb gilt das archaeelle System als hervorragendes Modellsystem, mit dem molekulare Abläufe in höheren Zellen besser verstanden werden können.

Bisherige Untersuchungen beschränkten sich meist auf einzelne Gene. In einer aktuellen Studie, an der sowohl Forscher der Universität Regensburg um Prof. Dr. Michael Thomm, Lehrstuhl für Mikrobiologie, als auch vom University College London um Prof. Dr. Finn Werner beteiligt waren, wurde nun zum ersten Mal die Wirkungsweise der archaeellen „Kopiermaschinerie“ auf globaler Ebene bei einer Vielzahl von Genen eines Organismus gleichzeitig untersucht.

Die Studie hat sich unter anderem auf ein spezifisches „Bauteil“ der Maschinerie, den Transkriptionsfaktor Spt4/5, konzentriert, der als einziger Faktor in baugleicher Form sowohl in den Eukarya als auch Archaea und Bacteria vorliegt. Interessanterweise ist die archaeelle Variante dieses Faktors in der Lage, die den von der RNA Polymerase vermittelten DNA-Kopiervorgang bei einigen Genen auf eine Art und Weise zu steuern, wie sie für Eukaryoten typisch ist. Bei einem kleinen Teil der Gene erfolgt die Steuerung über Mechanismen, die für Bakterien spezifisch ist. Somit könnte man die archaeelle DNA-Kopiermaschine mit einem Hybridmotor vergleichen, der bedarfsgerecht auf unterschiedliche Funktionsweisen zurückgreift, um seine Arbeit auszuführen.

„Damit stehen wir erst am Anfang ganz neuer Fragestellungen bezüglich der archaeellen Transkriptionsmaschinerie, die nicht nur dabei helfen können die molekularen Grundlagen der Transkription bei höheren Organismen besser zu verstehen, sondern auch neue Einblicke in die frühe Evolution des Lebens zuzulassen“, erklärt Dr. Robert Reichelt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Universität Regensburg.

Der für die Studie verwendete hitzeliebende Organismus „Methanocaldococcus jannaschii“ wurde bereits vor mehr als 30 Jahren nahe einer hydrothermalen Quelle in der Tiefsee des Pazifiks isoliert und wächst optimal bei sehr hohen Temperaturen (85°C) unter Ausschluss von Sauerstoff. Da für die Studie größere Zellmengen des Organismus benötigt wurden, erfolgte seine Kultivierung aufgrund der extremen Wachstumsbedingungen im Biotechnikum des Lehrstuhls für Mikrobiologie und Archaeenzentrum der Universität Regensburg. Durch seine spezielle Ausstattung gehört das Biotechnikum weltweit mit zu einer der größten Anlagen für die Massenkultivierung extremophiler Organismen, die unter außergewöhnlichen Bedingungen leben. Daher arbeitet das Biotechnikum sowohl mit einer Vielzahl von Forschungseinrichtungen als auch Firmen aus der ganzen Welt zusammen


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-regensburg.de/pressearchiv/pressemitteilung/753299.html

Quelle: Universität Regensburg (05/2017)

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