Dienstag, den 27. November 2012 um 06:57 Uhr

Nachlese DAkkS-aktuell 2012

Das DAkkS-Anwendertreffen von Klinkner & Partner fand in diesem Jahr am 26.09.2012 in Berlin statt. Vertreter und Vertreterinnen verschiedener Prüf- und Kalibrierlaboratorien, medizinischer Laboratorien und Inspektionsstellen diskutierten mit sechs Referentenihre Erfahrungen mit der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH. Der Informationstag startete mit einer Vorstellung des Unternehmens, Umfrageergebnisse und Erfahrungsberichte zur aktuellen Akkreditierungspraxis folgten. Die Diskussionsrunden gestalteten sich dementsprechend lebhaft.

„Akkreditierung ist per se eine hoheitliche Tätigkeit“, meinte der Geschäftsführer der DAkkS Norbert Barz und betonte damit die Tatsache, dass die DAkkS die (einzige) nationale Akkreditierungsstelle ist. In seinem Vortrag schilderte Herr Barz ausführlich die Bedeutung und Entwicklung DAkkS sowie die wachsenden Aufgabenbereiche.

Bewertungsbereiche der DAkkS
Insgesamt bewertet die DAkkS die Aktivitäten von Kalibrier- und Prüflaboratorien (DIN EN ISO/IEC 17025), von Medizinischen Laboratorien (DIN EN ISO 15189) und von Ringversuchsanbietern (DIN EN ISO/IEC 17043) sowie Herstellern von Referenzmaterialien (DIN EN ISO/IEC 17025 mit ISO GUIDE 34). Des Weiteren zählen Inspektionsstellen (DIN EN ISO/IEC 17020) und Zertifizierungsstellen (für Personen (DIN EN ISO/IEC 17024), für Managementsysteme (DIN EN ISO/IEC 17021) und für Produkte (DIN EN 45011, seit 2012 DIN EN ISO/IEC 17065) zu ihren Kunden. Zunehmend breiteren Raum nehmen die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem EU-Emissionshandelssystem (Verifizierungsstellen nach DIN EN ISO 14065) ein. Hinzu kommen nationale und internationale Gremienaktivitäten.

DAkkS im Spagat
Die DAkkS begreift sich in ihren Aufgaben als „Hybrid“-Organisation zwischen Behörde und klassischem Unternehmen und versucht den Spagat zwischen hoheitlicher Überwachungsstelle und kundenorientiertem Dienstleister. Dass das nicht immer einfach ist, kann man den Worten des Geschäftsführers Barz entnehmen: „Wir haben klare gesetzliche Vorgaben, die nicht diskutabel sind“ und „Wir haben in vielerlei Hinsicht Null Spielraum“. Leicht nachvollziehbar, wenn man weiß, dass die DAkkS der Fachaufsicht von insgesamt sieben Ministerien unterliegt.

Integration, Umsatz, Wachstum
Aktuell ist zu verzeichnen, dass der Deutsche Kalibrierdienst DKD, der ehemals ein Teil der Physikalisch-technischen Bundesanstalt war, nun in die DAkkS integriert wurde.

Die DAkkS konnte in 2011 ihren Umsatz mit derzeit 144 Mitarbeitern gegenüber dem vorhergehenden Geschäftsjahr um etwa 1/3  auf ca. 17 Mio. € steigern. Für 2012 werden etwa 21 Mio. erwartet. Knapp 10% des Umsatzes stammen aus dem Auslandsgeschäft, in dem die DAkkS gewinnorientiert arbeiten darf.

Norbert Barz sieht zukünftig weiteres Wachstum durch stärkere Aktivitäten auf dem Gebiet der Bildungsakkreditierung, auf den Feldern der erneuerbaren Energien, der E-Mobilität, in der  Gesundheitswirtschaft und bei Verkehrsangelegenheiten. Hinzu kommt eine deutliche Wachstumsprognose für 2013/14 wegen anstehender Reakkreditierungen.

Das Phänomen „Eichwesen“
Viele Labors leiden derzeit unter dem Gerangel zwischen Eichung und DKD-Kalibrierung, weil Eichscheine bei der Akkreditierung nicht mehr ohne weiteres anerkannt werden. Zwar hat die DAkkS dazu ein Merkblatt zur messtechnischen Rückführung (71 SD 0 005) publiziert, aber alle Unklarheiten scheinen damit weder auf Labor- noch auf Auditorenseite beseitigt zu sein.
Besonders ärgerlich würde es, wenn Labore sowohl eichen als auch DKD-kalibrieren müssen und damit doppelt zahlen, wie ein Teilnehmer von DAkkS-aktuell berichtete. Norbert Barz machte deutlich, dass das Ringen um Kalibrierung oder Eichung eine internationale Dimension hat: "Das ganze Eichwesen ist ein deutsches Phänomen", erläuterte er und schloss mit den Worten: "Das klassische Eichsystem ist einfach in Europa nicht durchsetzbar". So scheint es möglich zu sein, dass die EA (European co-operation for Accreditation) das deutsche System mittelfristig sogar kippen könnte. In diesem Zusammenhang wurde ein neuer Entwurf der ILAC Policy on Traceability of Measurement Results (ILAC P10) erwähnt. Kurzfristig besteht Hoffnung für Labore auf Erleichterung, denn bis Ende 2012 unterzieht die PTB die Eichämter einer Kompetenzüberprüfung. Fällt diese positiv aus, wird die DAkkS wenigstens die Eichscheine wieder anerkennen.

Was für akkreditierte Labore wichtig ist
Folgende Details waren dem Gesamtbeitrag von Norbert Barz zu entnehmen:

•    Einführungsgespräche bei Akkreditierungsaudits sollen künftig nur noch mit der Leitung und nicht mehr in großem Mitarbeiterkreis durchgeführt werden.
•    Die bisher oft wegen ihrer Intransparenz kritisierten Kostenbescheide der DAkkS werden gerade umgestellt und die Kostenpositionen werden detailliert gelistet.
•    Künftig sind Kostenvoranschläge möglich – wenn auch nicht verbindlich.
•    Akkreditierte Stellen haben zwar keinen Rechtsanspruch, vor Ablauf der Akkreditierungsfrist durch die DAkkS erinnert zu werden, die DAkkS will das künftig aber ein Jahr vorher tun.
•    Die derzeitigen Überwachungsintervalle für Laboratorien (18 Monate) möchte die DAkkS abhängig vom Begutachtungsergebnis flexibilisieren und will dazu auf europäischer Ebene eine Diskussion anstoßen. Dies könnte erfolgreich sein, denn der frühere Geschäftsführer der DAkkS, Dr. Thomas Facklam ist als EA Chairman nominiert worden. Die EA ist der Zusammenschluss der Akkreditierungsstellen in Europa. Seit Jahren ist Facklam Vorsitzender des EA-Multilateral Agreement Council (EA-MAC).
•    Auf großes Interesse stieß der neue Leitfaden zum Thema flexible Akkreditierung mit dem Titel „Flexibilisierung des Akkreditierungsbereichs von Prüflaboratorien und medizinischen Laboratorien“ (71 SD 0 002). Leider konnten technische Details nicht diskutiert werden, was Klinkner & Partner zum Anlass nimmt, diesem Thema in 2013 einen eigenen Informationstag zu widmen (DAkkS - flexible Akkreditierung, 13.09.2013, Potsdam).

Umfrageergebnisse zu Erfahrungen mit der DAkkS
Dr. Roman Klinkner und Herr Prof. Dr. Harald Platen (Sprecher des Verbandes Unabhängiger Prüflaboratorien VUP) stellten die Ergebnisse zweier Befragungsstudien von Laboratorien vor, die bei der DAkkS akkreditiert sind.

1.    In der Studie von Klinkner & Partner aus dem Jahr 2011, die eigeninitiativ und ohne Beteiligung der DAkkS entstand, verglichen die Laboratorien die DAkkS mit deren Vorgängerstellen wie DAP und DACH:
231 Befragte gaben an, es gäbe in den Bereichen Freundlichkeit, Zuverlässigkeit und Kompetenz der Fachgutachter keine signifikanten Änderungen. Anders sieht es bei Termintreue, Transparenz der Zuständigkeiten, Transparenz der Anforderungen und Abläufe sowie beim Thema Bereitstellung von Informationen aus, die negativ aufgefallen waren. Besonders schlecht fiel die Bewertung zu den Punkten Bearbeitungsgeschwindigkeit sowie Transparenz und Kalkulierbarkeit der Kosten aus.

2.    Die fortlaufende Studie des VUP kam zu sehr ähnlichen Resultaten. Sie ergab, dass stärker am internationalen Markt orientierte Laborketten die DAkkS-Akkreditierung eher als Vorteil sahen, weil die DAkkS offenbar bessere Anerkennung im Ausland erfährt als die Vorgängerstellen.

Übergangsfristen für DAkkS-Regelungen gefordert
Professor Platen rief am Ende seines Beitrages die Unternehmen auf, selbst Gutachter zu stellen, denn schließlich könnten nur so Kompetenz und Praxisstärke eingebracht werden: „Die Fachkompetenz liefern wir selbst!“, drückte es Platen aus.
In der Diskussion forderte er Übergangsfristen für neue DAkkS-Regelungen, was nicht nur fair, sondern naheliegend und sinnvoll scheint - entsprechend der Praxis bei neuen Normen.
Interessant ist, dass der VUP seit Gründung der DAkkS im Jahre 2010 verstärkt Kalibrierlaboratorien als Mitglieder registriert. Über einen kausalen Zusammenhang konnte Harald Platen allerdings nur spekulieren.

DAkkS-aktuell 2012 in Berlin Norbert Barz bei DAkkS-aktuell 2012 Harald Platen (VUP) bei DAkkS-aktuell 2012

Absprache zwischen Begutachtern
Zu den „üblichen“ kritischen Punkten in der aktuellen Akkreditierungspraxis wie Dauer, Kostenentwicklung und -transparenz kamen auf dieser Veranstaltung weitere Brennpunkte zur Sprache. Das Praxisbeispiel des Instituts Kirchhoff in Berlin zeigte, dass weniger die Kosten das Problem seien, sondern die schlechten Absprachen zwischen vier verschiedenen Begutachtern. Die Vertreterin des Instituts Kirchhoff, Carolin Lehmann, berichtete, dass die gesplitteten Audits, bei denen mehrere Gutachter nacheinander tätig werden, dazu führten, dass zahlreiche Themen mehrfach geprüft wurden.

Keine koordinierten und harmonisierten Audits
Die Erfahrungsberichte der Synlab Gruppe wiederum zeigten formale und organisatorische Schwierigkeiten mit der DAkkS. Anke Sonnemann und Joachim Strelecki der Firma QuDaMed stellten vier Projektbeispiele von Akkreditierungsverfahren medizinischer Laboratorien an verschiedenen Standorten und mit verschiedenen Rechtsträgern vor. Dabei ging es um Einführung eines standortübergreifenden QM-Systems bei gleichem Rechtsträger, Erweiterung dieses QM-Systems bei Verschmelzung mit einem weiteren Rechtsträger, Einführung eines standort- und länderübergreifenden QM-Systems und um die Einführung eines standortübergreifenden QM-Systems bei unterschiedlichen Rechtsträgern, unterschiedlichen bestehenden QM-Systemen, unterschiedlichen Normen und unter Einbeziehung des behördlich überwachten Bereichs.

Die Referenten forderten, dass standortübergreifende QM-Systeme koordiniert und harmonisiert auditiert werden müssten, was die DAkkS bislang offenbar nicht sicherstellen kann. Der Vortrag hatte zahlreiche formale und organisatorische Schwierigkeiten mit der DAkkS skizziert und heizte die beiden Diskussions-Hauptpunkte nochmals an, die auch schon durch die anderen Vorträge und in zahlreichen Wortmeldungen der Teilnehmer deutlich wurden.

Erstakkreditierung: Vorlauf von 1,5 Jahren
Durch die Größe und die Aufgabenvielfalt der DAkkS sind zahlreiche formale und organisatorische Prozeduren, insbesondere bei Systemüberprüfungen, komplizierter geworden. Allgemein verwunderte beispielsweise die Tatsache, dass zwischen dem Abschluss einer Begehung und der abschließenden Entscheidung oder gar der Berichterstattung mehrere Monate vergehen können. Die DAkkS selber empfiehlt einen Vorlauf zur Erstakkreditierung von mittlerweile 1,5 Jahren. Norbert Barz räumte hierzu in verschiedenen Einwürfen ein: „Sie können davon ausgehen, dass ich als Geschäftsführer der DAkkS damit in keinster Weise zufrieden bin“ und „Wir sind deutlich zu langsam und haben in unser Regelwerk klare Maximalfristen aufgenommen, neun Monate für Erstakkreditierung, sechs Monate für Reakkreditierung". Dass die DAkkS den organisatorischen Kinderschuhen noch nicht ganz entwachsen ist, zeigen weitere Worte des DAkkS-Geschäftsführers: „Wir haben auch ein Ressourcenproblem, das muss ich hier offen einräumen“ und „Wir werden das aber nicht ganz schnell und ganz grundlegend verändern können“. Eine Schlüsselrolle nimmt hier wohl eine effiziente IT-Unterstützung der Prozesse in der DAkkS ein.

Reakkreditierung sollte günstiger sein
Die Kosten für die einzelnen Verfahren sind aus Sicht der DAkkS-Anwender deutlich gestiegen und hätten sich zum Teil verdoppelt. Es wurde deutlich, dass die Akkreditierung für Prüflaboratorien durch die DAkkS teurer geworden ist. Dem gegenüber zahlen Managementsystem-Zertifizierer und Kalibrierlaboratorien oft weniger als zuvor. Es wurde diskutiert, dass Reakkreditierungen günstiger sein könnten und sollten als Erstakkreditierungen. Barz nahm diesen Punkt auf und signalisierte Bereitschaft, hier Anpassungen vorzunehmen. Hoffnungen auf generelle kurzfristige Kostensenkungen zerstreute Barz aber: „Ich persönlich gehe nicht davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren wirklich was gesenkt wird“.

Heikles Thema: Befugnis erteilende Behörden
Die vom Akkreditierungsstellengesetz geforderte Zusammenarbeit mit den Befugnis erteilenden Behörden (BeB) bleibt ein eigener Brennpunkt. BeB sind zum Beispiel die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) und die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG). Die BeB setzen derzeit der Akkreditierung ein zusätzliches Zulassungs-, Anerkennungs- oder Notifizierungsverfahren auf. Barz sprach in diesem Zusammenhang von einer „Stempelfunktion“ und empfahl den Teilnehmern, sich zu wehren, wenn Behörden zusätzlich zur Akkreditierungsbegehung Vor-Ort-Überprüfungen durchführen wollen. Es entstand der Eindruck, dass noch ein paar Jahre vergehen dürften, bis in diesem Bereich keine Reibungsverluste mehr auftreten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die DAkkS nach holprigem Start zunehmend Fahrt aufnimmt und mittlerweile auch wirkliche Verbesserungen und Fortschritte vorweisen kann. Dagegen bleiben Kosten, Geschwindigkeit und Zusammenarbeit mit anderen Behörden Herausforderungen. Die Leitung der DAkkS kennt die Stärken und Schwächen jedoch sehr genau und es ist zu hoffen, dass ihr Wille auch „behördliche“ Berge versetzen kann. Wer sich rückblickend für das Gesamtprogramm von DAkkS-aktuell 2012 interessiert findet es hier.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.biochem.mpg.de/news/pressroom/086_Mann_HCMV.html

Quelle: Klinkner & Partner GmbH (11/2012)

Autoren:
Dr. Marion Kwart, Dr. Georg Giese, Dr. Roman Klinkner, 19.11.2012



Die nächsten Veranstaltungen von Klinkner & Partner zur Akkreditierungspraxis:
DAkkS-Audits , 12.09.2013, Potsdam
DAkkS - flexible Akkreditierung , 13.09.2013, Potsdam
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