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Dienstag, den 12. April 2022 um 07:06 Uhr

Dem Konzentrationsgefälle auf der Spur

Wie verhalten sich Stoffe in Flüssigkeitsgemischen bei der Verdunstung und wie lassen sich Verdunstungsprozesse besser steuern? Zur Klärung dieser Fragen leistete ein Team der TU Darmstadt nun einen wichtigen Beitrag: Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelang es erstmals, unterschiedliche Stoffkonzentrationen in Gemischen berührungsfrei nachzuweisen.

Die Verdunstung von Tropfen aus Flüssigkeitsgemischen spielt eine große Rolle in vielen technischen Anwendungen. Wenn wir zum Beispiel eine Wand streichen oder Papier bedrucken, müssen die flüssigen Bestandteile der Farbe verdunsten, während die festen Farbpartikel an der Wand oder dem Papier haften bleiben. Um solche technischen Prozesse besser steuern zu können, verwendet man oft Flüssigkeitsgemische, wobei die einzelnen Flüssigkeiten oft unterschiedlich schnell verdunsten. Das Mischungsverhältnis nach Auftragen der Tropfen verändert sich deshalb mit der Zeit durch die Verdunstung. Durch diese Transportvorgänge entstehen in den Tropfen Konzentrationsgradienten – also ein Gefälle von Regionen mit unterschiedlich hoher Konzentration. Diese waren bisher schwer nachzuweisen.
Das Problem: Eine Messung der Konzentration während der Verdunstung war nicht möglich, ohne dass der Prozess durch die Untersuchungsmethode selbst oder durch Markierungspartikel beeinflusst wurde. Forschende des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1194 wählten einen anderen Weg: Ihnen ist es jetzt erstmals gelungen, solche Konzentrationsgradienten berührungsfrei mit Hilfe ortsaufgelöster Kernspinresonanz- (NMR) und Ramanspektroskopie nachzuweisen. Da die Messungen berührungsfrei erfolgen und auch keine chemischen Markersubstanzen dazugegeben werden müssen, konnte das Verdunstungsverhalten weitgehend ohne Störung durch den Messprozess untersucht werden.

Die Gemischkonzentration im Tropfen wurde dazu unabhängig voneinander mit zwei Messmethoden untersucht, die auf unterschiedlichen physikalischen Prinzipien beruhen: Bei der NMR-Spektroskopie wird die magnetische Kernresonanz in einem starken Magnetfeld untersucht, während bei der konfokalen Ramanspektroskopie die Molekülschwingungen mit Hilfe eines Lasers gemessen werden. Dafür untersuchte das Team ein Modellgemisch aus zwei Alkoholen unterschiedlicher Kettenlängen.

In der gerade erschienenen PNAS-Publikation (https://doi.org/10.1073/pnas.2111989119) zeigten die beteiligten Wissenschaftler*innen um Alena Bell und Jonas Kind vom Fachbereich Material- und Geowissenschaften , sowie dem Fachbereich Chemie der TU Darmstadt, wie sich im Tropfen ein Konzentrationsgradient ausbildet, der sich mit der Zeit durch Verdunstung verändert. Mit den beiden ortsaufgelösten Spektroskopiemethoden, die hier erfolgreich zum Einsatz kamen, stehen zwei unabhängige Werkzeuge zur Verfügung, mit denen Konzentrationsänderungen in Flüssigkeiten gemessen werden können, wie sie etwa durch Verdunstungs- und Transportvorgänge hervorgerufen werden.

Die Ergebnisse der Forschung von Bell und Kind stellen einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung dar. Praktisch könnten sie einmal auf allgemeine Messungen von chemisch ähnlichen Substanzen oder beispielsweise auf „Lab-on-a-chip“-Anwendungen in der Medizin übertragen werden.
Die Publikation in PNAS ist das Ergebnis der Kooperation von fünf Teilprojekten des Sonderforschungsbereiches SFB 1194 „Wechselseitige Beeinflussung von Transport- und Benetzungsvorgängen“. Vier dieser Teilprojekte sind an der TU Darmstadt angesiedelt, ein Teilprojekt war am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz lokalisiert und ist nun am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Der Sonderforschungsbereich wird seit 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.tu-darmstadt.de/universitaet/aktuelles_meldungen/einzelansicht_361920.de.jsp

Quelle: Technische Universität Darmstadt (04/2022)


Publikation:
Concentration gradients in evaporating binary droplets probed by spatially resolved Raman and NMR spectroscopy
https://doi.org/10.1073/pnas.2111989119

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