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Freitag, den 01. April 2022 um 14:17 Uhr

Bitte nicht ärgern!

Männer mit Bluthochdruck scheinen Ärger anderer Personen verzerrt wahrzunehmen, wie eine Studie von Alisa Auer und Professorin Petra Wirtz vom Exzellenzcluster Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour der Universität Konstanz zeigt.

Bluthochdruck ist eine Krankheit. Doch bei der überwiegenden Mehrheit der Fälle hat sie keine erkennbare organische Ursache. Fachleute sprechen dann von einer essenziellen Hypertonie. Könnten psychologische Faktoren hier eine Rolle spielen? Dieser Frage gingen die Konstanzer Gesundheitspsychologinnen Alisa Auer und Professorin Petra Wirtz zusammen mit Kolleg*innen aus Konstanz (Deutschland) und der Schweiz in einer mehrjährigen Studie mit männlichen Probanden nach. Sie wollten die psychobiosozialen Mechanismen von Bluthochdruck besser verstehen, weil die bisherige Forschung in diesem Bereich viele Fragen offen lässt.

In einem am 22. März 2022 in Annals of Behavioral Medicine erschienenen Artikel zeigen sie, dass essenzielle Hypertoniker im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit normalem Blutdruck häufiger Ärger in Gesichtern anderer Personen erkennen. Zudem scheint eine solche Ärgerüberschätzung über die Jahre dann zu Bluthochdruck beizutragen, wenn jemand dazu tendiert, sich oft zu ärgern. Diese Tendenz wird als Eigenschaftsärger bezeichnet.

Wahrnehmung von Mischemotionen untersucht

In ihrer Studie, an der 145 Männer teilnahmen, legten die Forschenden den Probanden verschiedene Bilder vor. Diese zeigten Menschen, die verärgert waren. Allerdings war Ärger nie alleine abgebildet, sondern kombiniert mit einer von drei anderen Emotionen: Angst, Freude und Traurigkeit. Hintergrund ist, dass der Ausdruck einer einzigen Emotion in einem Gesicht im Alltag eher selten vorkommt. Häufiger zeigen Menschen Mischemotionen. Die computertechnisch bearbeiteten Bilder zeigten jeweils zwei Emotionen in unterschiedlich starken Ausprägungen. Die Teilnehmer wurden gefragt, welche Emotion sie auf den Bildern sahen.

„Die Hypertoniker haben häufiger Ärger erkannt als eine andere Emotion“, fasst Alisa Auer die Ergebnisse zusammen. „Sie überschätzten den Ärger in den gezeigten Gesichtern gegenüber unserer Vergleichsgruppe mit normalem Blutdruck.“ Wirtz ergänzt: „Das Erkennen von Ärger anderer Personen scheint zudem zu beeinflussen, ob sich hoher Eigenschaftsärger überhaupt auswirkt und es zu Blutdruckanstiegen kommt.“ Somit sei Bluthochdruck etwas, bei dem zwischenmenschliche Faktoren eine Rolle zu spielen scheinen. Die Erwartung eines solchen Zusammenhangs zwischen Bluthochdruck und sozialen Aspekten war ein Grund, warum die Auswertung der Studie im Exzellenzcluster Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour angesiedelt und (mit)gefördert wurde.

Die Behandlung von Bluthochdruck verbessern

Auer und Wirtz hoffen, dass ihre Ergebnisse von anderen Forschenden aufgegriffen und experimentell weiter bestätigt werden. „Ein nächster Schritt wäre dann, dass Personen mit essenzieller Hypertonie gezielter unterstützt werden können“, sagt Auer, die in der Psychologie promoviert. Im Blick hat Auer „therapeutische Behandlungen, die die Wahrnehmung des sozialen Umfelds adressieren, mit dem Ziel, sich vom Ärger anderer weniger ‚anstecken‘ zu lassen“.

Wichtig wären derartige Ansätze, weil Bluthochdruck-Medikamente bisher nur die Folgen der Hypertonie abschwächen, nicht aber ursächlich wirken. Hinzu kommt, dass Bluthochdruck einer der Hauptrisikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen ist. Diese machten im Jahr 2020, wie auch in den Vorjahren, die häufigsten Todesursachen in Deutschland aus, wie das Statistischen Bundesamt mitteilt. „Mit 338.001 Verstorbenen war gut ein Drittel (34 %) aller Sterbefälle auf Herzkreislauf-Erkrankungen zurückzuführen“, so das Statistische Bundesamt in seiner Pressemitteilung. Vor allem bei älteren Menschen führten diese Erkrankungen zum Tod: 93 % der an einer Krankheit des Herz-Kreislaufsystems Verstorbenen waren 65 Jahre und älter.

Und was ist mit Frauen? Die beiden Forscherinnen hoffen, dass diese in einer Folgestudie in den Blick genommen werden. Da Frauen Emotionen möglicherweise anders wahrnehmen als Männer und es weniger Frauen gibt, die an Bluthochdruck leiden, haben sie sich zunächst auf Männer konzentriert.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-konstanz.de/universitaet/aktuelles-und-medien/aktuelle-meldungen/presseinformationen/presseinformationen/bitte-nicht-aergern/

Quelle: Universität Konstanz (03/2022)


Publikation:
https://doi.org/10.1093/abm/kaab108

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