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Montag, den 11. Oktober 2021 um 05:08 Uhr

In­no­va­ti­on in der Aufklärung komplexer Molekülstrukturen

Informationsdienst Wissenschaft e. V. Dr. Julian Holstein und Prof. Guido Clever von der Fa­kul­tät für Chemie und Che­mi­sche Biologie der TU Dort­mund etablieren zu­sam­men mit Wis­sen­schaft­lern der Uni­ver­si­tät Wien eine Methode, mit der komplexe Molekülstrukturen schneller und einfacher aufgeklärt werden kön­nen. Dafür wer­den statt Rönt­gen­pho­to­nen – die nor­ma­ler­wei­se für die Bestimmung der Strukturen genutzt wer­den – Elek­tro­nen am Kristall gebeugt. Dadurch können nun auch winzige Kristalle einer Substanz, die un­ter­sucht wer­den soll, genutzt werden. Das Forschungs­pro­jekt wurde kürzlich als Titelstory in der re­nom­mier­ten Fachzeitschrift Nature Reviews Chem­is­try vor­ge­stellt.

Molekulare Strukturen wer­den üblicherweise mittels Röntgenbeugung an Einkristallen aufgeklärt. Durch diese Methode kön­nen die drei­di­men­sio­na­le Struk­tur komplexer Substanzen im Kristallverband bestimmt und so vielfältige In­for­ma­ti­onen ab­ge­lei­tet wer­den, z.B. zur räumlichen Anordnung der Atome und zu erwartender chemischer Reaktivität der Ver­bin­dung. Die Röntgenbeugung gilt deswegen als Standard, um unbekannte Stoffe zu cha­rak­te­ri­sie­ren. Die Her­aus­for­de­rung dabei ist, dass die Kristalle der zu untersuchenden Substanzen eine geeignete Größe haben müs­sen. Daran scheitert die Strukturbestimmung aber oftmals noch.

Neue Methode reduziert An­for­de­run­gen an Probengröße

In der Elektronenkristallographie wer­den hingegen Elek­tro­nen statt Rönt­gen­pho­to­nen am Kristall gebeugt. „Das Besondere daran ist, dass wir hierbei schon winzig kleine, kristalline Partikel verwenden kön­nen, deren Größen im Be­reich von 100-1000 Nanometer liegen“, sagt Dr. Julian Holstein, der ge­mein­sam mit Dr. Tim Grüne von der Uni­ver­si­tät Wien Korrespondenzautor des Fachartikels ist. Dadurch wer­den bereits pulverkristalline Niederschläge, wel­che sich häufig so­gar in noch verunreinigten Rohprodukten finden lassen, zugänglich. Diese Partikel sind weder mit dem bloßen Auge noch mit extrem leis­tungs­star­ken Lichtmikroskopen erkennbar. „Sogar Proben, die aufgrund der geringen Kristallgröße selbst mit hochbrillanter Synchrotronstrahlung nicht zugänglich sind, kön­nen per Elek­t­ronen­beu­gung un­ter­sucht wer­den. Durch die geringeren An­for­de­run­gen an die Probengröße kön­nen auch die sehr zeitaufwendigen Kristallisationsansätze im Labor reduziert wer­den“, ergänzt Dr. Julian Holstein. Die Methode sei deshalb auch für andere wis­sen­schaft­liche Bereiche wie die Materialwissenschaften oder Pharmazie in­te­res­sant.

Wasserstoffatome kön­nen leichter erkannt wer­den

Die Elek­t­ronen­beu­gung bietet au­ßer­dem noch einen wei­te­ren Vorteil. Dank ihr kön­nen sehr leichte Wasserstoffatome, denen sowohl in chemischen Reaktionen als auch in biologischen Pro­zessen häufig eine Schlüsselrolle zukommt, be­son­ders gut detektiert wer­den. Darüber hinaus kön­nen auch Oxidationszustände bestimmter Elemente im Kristall ex­pe­ri­men­tell bestimmt wer­den, was bisher so nicht mög­lich war. Damit eröffnen sich neue Forschungsmöglichkeiten im Be­reich der Ka­ta­ly­sa­tor­for­schung, Wasserstoffspeicherung und Medikamentenentwicklung.

Prof. Guido Clever, Professor für Bioanorganische Chemie an der TU Dort­mund, und eben­falls einer der Autoren der Perspektive sagt dazu: „Wir sind von den Er­geb­nis­sen der Messungen unserer Proben an der ETH Zürich und der Uni­ver­si­tät Wien begeistert. Wir sind überzeugt davon, dass diese Methode zu einer Vielzahl bislang nicht zugänglicher Er­geb­nisse in den Be­rei­chen Funktionale Mo­le­kü­le und Materialen, Solvation Science und Wirkstoffforschung führen kann.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://idw-online.de/de/news777095

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. (10/2021)


Publikation:
https://www.nature.com/articles/s41570-021-00302-4.epdf

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