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Mittwoch, den 18. Dezember 2019 um 15:22 Uhr

Kritik am Herrscher kostete nicht immer den Kopf

Die Vorstellungen über Macht und Herrschaft in der Vormoderne sind mit zahlreichen Vorurteilen behaftet: Macht ist rein männlich! Kritik kostet den Kopf! Herrschaft ist eine ‚One-Man-Show‘! Mit solchen Klischees räumt nun der Sonderforschungsbereich (SFB) „Macht und Herrschaft“ an der Universität Bonn auf. Am Ende des Jahres 2019 legt der SFB eine beeindruckende Liste an Publikationen vor, die etliche Überraschungen präsentieren.

„Vermeintlich vormoderne Strukturen der Inszenierung von Herrschaft existieren auch in der Moderne, Epocheneinteilungen der Geschichte müssen generell neu überdacht werden, und besonders weibliche Herrschaft hatte einen festen Platz bereits in Gesellschaften, die mit dem Begriff ‚archaisch’ belegt werden“, sagt Prof. Dr. Matthias Becher von der Mittelalterlichen Geschichte der Universität Bonn und SFB-Sprecher. „Herrschaft war damit keine ‚One-Man-Show‘.“

Jenseits von Aufstand und Revolte

Auch im Forschungsfeld „Kritik und Idealisierung“ kann der SFB nun mit Vorurteilen aufräumen: „Ohne Kopf und Leben zu verlieren konnte man Herrscher und System auch früher schon kritisieren“, berichtet der Sprecher. Beispiele aus China, Russland und Europa belegen auch die subtileren Methoden der Herrscherkritik, die Artikulation von Meinungsverschiedenheiten jenseits von Aufstand und Revolte, die bislang von der Forschung kaum in den Blick genommen worden sind.

Innerhalb des Forschungsschwerpunktes „Personalität und Transpersonalität“ zeigen außerdem transkulturell-vergleichende Untersuchungen unter Einbeziehung außereuropäischer Räume wie Indien, Japan sowie Russland, dass Macht und Herrschaft nicht nur an Personen gebunden waren, sondern in aller Regel ein stabiles System ausbildeten. Becher: „Wer nun noch immer meint, vormoderne Herrschaft sei allein an eine herrschende Persönlichkeit geknüpft, der irrt.“ Stattdessen wird aufgedeckt, dass bereits institutionelle Strukturen wie Verwaltung und Delegation von Herrschaft zum Tragen kommen, wie sie eher modernen Staatsgebilden zugeschrieben werden.

Nachzulesen sind diese überraschenden neuen Einblicke in vermeintlich fremde Zeiten und Räume in den beiden interdisziplinären und transkulturell ausgerichteten Tagungsbänden: „Kritik am Herrscher in vormodernen Gesellschaften – Möglichkeiten, Chancen, Methoden” und „Die Macht des Herrschers. Personale und transpersonale Aspekte”, die in diesem Monat erscheinen.

Darüber hinaus hat der SFB 1167 seine Forschung in einer Ringvorlesung an der Universität Bonn für die breite Öffentlichkeit und Wissenschafts-Community vorgestellt. Beiträge aus dieser dreisemestrigen Vorlesung „Transkulturelle Annäherungen an Phänomene von Macht und Herrschaft“, bündelt nun der Band »Transkulturelle Annäherungen an Phänomene von Macht und Herrschaft. Spannungsfelder und Geschlechterdimensionen«. Dabei konnte ein spannender Blick auf das Panorama politischer Ordnungen vor unserer Zeit ermöglicht werden.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-bonn.de/neues/317-2019

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (12/2019)

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