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Montag, den 12. August 2019 um 06:20 Uhr

Stachellose Bienen lassen sich durch Koffein nicht austricksen

In Europa kennen wir vor allem die Westliche Honigbiene (Apis mellifera), die einen Stachel zu ihrer Verteidigung besitzt. Stachellose Bienen kommen vorwiegend in den Tropen und Subtropen vor. Als hochsoziale Arten leben sie ebenfalls als Volk in einem Bienenstock und sammeln Honig. Während jedoch Westliche Honigbienen auf koffeinhaltigen Nektar und Pollen reagieren und in ihrer Sammeltätigkeit angeregt werden, ist Koffein für die stachellosen Bienen offenbar uninteressant. „Wir haben stachellose Bienen in Brasilien untersucht, aber keinen Effekt gefunden, wenn wir ihnen koffeinhaltiges Futter angeboten haben“, teilt Dr. Christoph Grüter von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit. „In unserer Studie ließen sich die Tiere durch Koffein nicht austricksen.“ Manche Pflanzen fügen nämlich ihrem Nektar Koffein oder andere sekundäre Pflanzenstoffe zu, um die Bestäuber zu manipulieren. Westliche Honigbienen und Hummeln fallen darauf herein: Sie sind aktiver und erhöhen so die Befruchtung, sammeln aber unter Umständen minderwertiges Futter, was ihnen selbst oder der Kolonie schadet.

Auswirkung von Koffein bei stachellosen Bienen zum ersten Mal untersucht

Koffein ist ein Inhaltsstoff in verschiedenen Pflanzen wie Kaffee, Tee oder Zitruspflanzen und hat bekanntermaßen eine anregende Wirkung auf das Nervensystem – auch bei Honigbienen. Wenn sie Koffein erhalten, steigt ihre Motivation und ihre Sammeltätigkeit: Sie trinken mehr Nektar, ihre Lernleistung wird verbessert, die Blüten werden häufiger aufgesucht und andere Bienen werden zu der Futterquelle geschickt. Dies kann sich längerfristig negativ auf die Kolonie auswirken. Manche Pflanzen nutzen nämlich Inhaltsstoffe wie Koffein, um Insekten anzuziehen und dadurch ihre Bestäubung zu fördern, während sie selbst möglichst wenig Energie in Nektar und Pollen investieren. Dann kann zum Beispiel eine Honigbiene, die Koffein gefunden hat, ihre Nestgenossinnen über den Schwänzeltanz zu dieser Futterquelle führen, die ihnen jedoch im Vergleich zu anderen Pflanzen weit weniger Zucker liefert, also von schlechterer Qualität ist.

Christoph Grüter und sein Team haben erstmals untersucht, ob auch stachellose Bienen auf Koffein reagieren. Für die Studie, die in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität von São Paulo erfolgte, haben sie die Art Plebeia droryana ausgewählt, eine kleine Biene von der Größe einer Gartenameise, die im Süden Brasiliens heimisch ist. In Mittel- und Südamerika kommen über 400 völlig unterschiedliche Arten stachelloser Bienen vor. P. droryana ist ein typischer Bestäuber von Kaffee. „Kaffeepflanzen können zwar auch ohne Bestäubung Samen ausbilden, die Bestäubung erhöht allerdings den Ertrag“, erklärt Tianfei Peng, Doktorand in der Gruppe von Grüter und Erstautor der Studie. „Weil Kaffeebüsche Pollen und Nektar produzieren, werden sie von den Bienen recht gerne aufgesucht.“ Der Pollen wird an den Hinterbeinen der Insekten zurück ins Nest transportiert und Nektar wird im Sozialmagen gespeichert – wie bei Honigbienen auch.

Nicht Koffein, aber Zucker macht den Unterschied

Zunächst hat das Biologenteam stachellose Bienen auf einer ehemaligen Kaffeeplantage in der Nähe von São Paulo darauf trainiert, Zuckerlösung von einem Futterspender aufzunehmen. Dann wurde den Insekten eine Zuckerlösung mit und ohne Koffein angeboten, wobei die Konzentration der Stimulanz dem natürlichen Koffeingehalt von brasilianischen Kaffeepflanzen angepasst war. Ein Teil der kleinen, nur drei Millimeter langen Tiere wurde mit Farbe markiert, um sie wiederzuerkennen und ihr Verhalten zu verfolgen: Wie häufig kommen sie zur Futterquelle zurück? Wie schnell sammeln sie das Futter? Werden die Nestgenossinnen informiert? Stachellose Bienen verfügen zwar nicht über den Schwänzeltanz, aber sie können auf eine andere Art, die noch nicht genau bekannt ist kommunizieren, möglicherweise über Pheromonspuren oder Vibrationsgeräusche.

„Wir konnten bei keiner Messung einen Effekt von Koffein feststellen“, fasst Grüter die Ergebnisse zusammen. „Die Bienen kamen gleichermaßen zu den Futterspendern, auch wenn sie kein Koffein vorfanden.“ Weshalb sich stachellose Bienen von Koffein nicht verführen lassen, liegt vielleicht an der Anpassung: P. droryana könnte im Laufe der Zeit eine Toleranz gegenüber Koffein entwickelt haben. Immerhin wird in Brasilien seit fast 300 Jahren Kaffee kultiviert. Oder aber es bestehen physiologische Unterschiede zwischen stachellosen Bienen und anderen Gruppen.

Während Koffein also die Sammeltätigkeit nicht beeinflusst, zeigte sich ein anderer Effekt: Wurden den Tieren Lösungen mit unterschiedlich hoher Zuckerkonzentration angeboten, dann wählten mehr Bienen die Zuckerlösung mit der höheren Konzentration – also das höherwertige Futter. Als nächstes, so Grüter, wäre es interessant zu erforschen, wie sich stachellose Bienen in einer Region ohne Kaffeetradition verhalten, beispielsweise in Australien.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/9212_DEU_HTML.php

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (08/2019)


Publikation:
T. Peng et al., Resource profitability, but not caffeine, affects individual and collective foraging in the stingless bee Plebeia droryana, Journal of Experimental Biology, 13. Mai 2019
DOI:10.1242/jeb.195503

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