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Dienstag, den 15. Januar 2019 um 06:41 Uhr

Fossillagerstätte ist weitaus reichhaltiger als gedacht

Wie herausragend die Fundstätte nahe dem niederländischen Winterswijk ist, hat ein Student der Universität Bonn, selbst Niederländer und passionierter Fossiliensammler, herausgefunden. Er hat nun für seine Masterarbeit Stücke aus Museen und Privatsammlungen analysiert. Dabei ist er auf eine erstaunliche Menge fast komplett erhaltener Skelette gestoßen, alle zwischen 242 und 247 Millionen Jahre alt. Für den guten Zustand sind vermutlich besonders günstige Entstehungsbedingungen verantwortlich. Diese machen Winterswijk, das zum so genannten Germanischen Becken gehört, zu einem Glücksfall für die Paläontologie. Die Studie ist nun in der Paläontologischen Zeitschrift erschienen.

Genau 327 Überreste von Meeresreptilien hat Jelle Heijne für seine Masterarbeit untersucht – zusammengetragen aus öffentlichen Museen, vor allem aber aus rund 20 Privatsammlungen. Besonders beeindruckt hat ihn dabei die hohe Qualität der Funde: „Darunter waren mehr als 20 zusammenhängende Skelette“, betont er. „Von den anderen Fundstätten des Germanischen Beckens, das ja immerhin von England bis nach Polen reicht, sind nur wenige komplette Skelettfunde bekannt.“

Der 25-Jährige ist in seiner Studie der Frage nachgegangen, warum sich die über 240 Millionen Jahre alten Knochen gerade an dieser Stelle so gut erhalten haben. Der Grund liegt wohl in einem Mix glücklicher Umstände: Das Germanische Becken war zu jener Zeit ein Meer, und das war im heutigen Winterswijk ausgesprochen flach. So wurden zum Teil unweit von den Reptilien-Knochen fossile Fußabdrücke von landlebenden Tieren gefunden. Wahrscheinlich ähnelte die Region dem heutigen Wattenmeer der Nordseeküste – nur dass der Grund nicht sandig war, sondern von Kalkschlamm bedeckt.

Die geringe Tiefe sorgte dafür, dass Kadaver schnell auf den Grund auftrafen, wo sie dann von Sediment bedeckt wurden. Wenn tote Tiere erst lange im Wasser treiben und von Wellen und Strömungen hin- und hergeworfen werden, steigt dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass Körperteile – Schwanz, Gliedmaßen oder der Kopf – verloren gehen.

Ein weiterer wichtiger Faktor war ein Prozess, den Paläontologen „Stick'n'Peel“ nennen (festkleben und abpellen): Dabei wird das Tier von Mikroorganismen und Algen bewachsen, die das Skelett wie eine Haut zusammenhalten. „Vermutlich waren es vor allem diese beiden Faktoren, die das Auftreten gut erhaltener Funde begünstigt haben“, erklärt Heijne.

Tatsächlich finden sich für die Stick'n'Peel-Hypothese einige Indizien. So fehlen bei einigen Skeletten einzelne größere Knochen, während die kleinen Knöchelchen vollständig sind. Letztere werden aber eigentlich vom Wasser am ehesten davon getragen. „Solche ungewöhnlichen Muster treten typischerweise auf, wenn ein Skelett ungleichmäßig bewachsen und damit geschützt wurde“, erklärt Heijne.

Dass Winterswijk unter den Fundstätten des Germanischen Beckens herausragt, war schon lange bekannt. Dennoch dürfte die große Zahl qualitativ hochwertiger Funde selbst Kenner überraschen. Zumal sie eben größtenteils nicht offen zugänglich sind. „Ich bin in den Niederlanden seit Jahren Mitglied in einem Verein von Privatsammlern“, erklärt Heijne. Für seine Studie war der die ideale Kontaktbörse: „Die Sammler, die ich angesprochen habe, waren alle stolz darauf, einen Beitrag zur Erforschung von Winterswijk leisten zu können.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-bonn.de/neues/004-2019

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (01/2019)


Publikation:
Jelle Heijne, Nicole Klein und P. Martin Sander: The uniquely diverse taphonomy of the marine reptile skeletons (Sauropterygia) from the Lower Muschelkalk (Anisian) of Winterswijk, The Netherlands; Paläontologische Zeitschrift; dx.doi.org/10.1007/s12542-018-0438-0

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