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Freitag, den 14. September 2018 um 13:56 Uhr

Wie objektiv ist das menschliche Urteilsvermögen?

Das menschliche Urteilsvermögen ist oft durch systematische Verzerrungen gekennzeichnet. Zum Beispiel neigen Menschen dazu, ihre eigenen Annahmen und Urteile über die Welt zu bestätigen. Diese sogenannte Bestätigungstendenz („confirmation bias“) wurde in psychologischen Untersuchungen schon vor Jahrzehnten dokumentiert. Die zugrundeliegenden Mechanismen waren bislang jedoch weitgehend unbekannt. Eine Forschergruppe des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat nun ein neues Verfahren entwickelt, um diese Mechanismen in kontrollierten psychophysikalischen Experimenten zu messen.

Die von Prof. Dr. Tobias Donner aus dem Institut für Neurophysiologie und Pathophysiologie des UKE geleitete Arbeitsgruppe hat gesunde Studienteilnehmende gebeten, in jedem Versuchsdurchgang zunächst ein kategorisches Urteil über mehrdeutige Informationen zu fällen. Danach sollten die Probandinnen und Probanden neue Informationen bewerten, die entweder konsistent mit ihrer Entscheidung waren oder nicht. Mittels detaillierter mathematischer Modellierung des Verhaltens konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die Teilnehmenden ihre Aufmerksamkeit bevorzugt auf solche Informationen richteten, die ihr ursprüngliches Urteil bestätigten. Mit dem Urteil inkonsistente Informationen wurden hingegen „ausgefiltert“. Dieses Ergebnis zeigte sich bei verschiedenen Arten von Entscheidungen: einfachen Wahrnehmungsurteilen, die die Versuchspersonen auf Grundlage von wertneutralen Sinneseindrücken fällten, aber auch abstrakteren Urteilen, die die Mittelung rasch präsentierter Zahlenfolgen erforderten.

Die neurophysiologischen Mechanismen der Aufmerksamkeit wurden in der Hirnforschung über die vergangenen zwei Jahrzehnte genau untersucht. Die durch die Forschergruppe entdeckte Verknüpfung der Bestätigungstendenz mit der Aufmerksamkeit bedeutet somit, dass dieser Tendenz wahrscheinlich dieselben neurophysiologischen Mechanismen zugrunde liegen. Genau diese Hypothese planen die Forscherinnen und Forscher mittels simultaner Messung der Hirnaktivität nun zu testen. Dafür werden sie das in ihrem Artikel beschriebene psychophysikalische Verfahren nutzen.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uke.de/allgemein/presse/pressemitteilungen/detailseite_61632.html

Quelle: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (09/2018)


Publikation:
Talluri B, Urai AE, Tsetsos K, Usher M & Donner TH (2018) Confirmation bias through selective over-weighting of consistent information. Curr Biol (in press).

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